Markus Hanakam & Roswitha Schuller
Formen der künstlerischen Auseinandersetzung wie eine selbstreflexive aber auch gesellschaftskritische Praxis, Wissenstransfer und Zeitlichkeit spielen im Werk der Künstler Markus Hanakam und Roswitha Schuller eine zentrale Rolle. Die Ephemeralität ihres Werkes spiegelt sich auch in ihrem Hauptmedium Film wider. Sie gehen in ihrer Arbeit von einer gegenwärtigen Sensibilität für Themen wie Utopien und Sehnsuchtslandschaften aus, und überprüfen Motive in Bezug auf ihre Historizität, indem sie wissenschaftliche Untersuchung mit künstlerischem Esprit verbinden. Als artistic researchers interessieren sie sich für Zeitscharniere, die in motivischer Engführung das „shrinking and growing“ der Welt, also der räumlichen Dimension des Seins auf einer Zeitachse ausfalten und vergangene, gegenwärtige und in die Zukunft projizierte Vorstellungen beispielsweise von idyllischen Lebensräumen in eine Narration einbetten, die ihrerseits wieder Brüche und Risse aufweist. Dabei entstehen unter anderem filmische Formate mit modularer Struktur und partizipativem Ansatz, die Zufall, Manipulation und Determinismus miteinander kombinieren. Da die Künstler in ihren Werken vorgegebene Ordnungssysteme verwirbeln und die Orientierungsgefüge, in denen wir alltäglich leben, ad absurdum führen, ist die Benennung Trickster – so auch ein Filmtitel von Hanakam & Schuller – treffend.
Die Arbeit der beiden Künstler hält stets ein Überraschungsmoment bereit. Man weiß nicht, was als nächstes passiert, und wo oder ob man unvermittelt auf einen Gegenstand trifft, dem man in einem anderen Kontext schon einmal begegnet ist. Auch dies ist typisch für die Herangehensweise des Tricksters, der mit den Erwartungshaltungen und dem Erinnerungsvermögen des Betrachters jongliert, Realitäten vorgaukelt, Ordnungen aushebelt und Regeln auf den Kopf stellt. Die Unberechenbarkeit und Plötzlichkeit, mit der er agiert, verleiht ihm etwas Magisches, seine Kunst ist, analog zu den Tricks eines Zauberers, ein dialektisches Spiel mit der Realität des Erscheinens und Verschwindens, das statischen Fixierungen und linearen Erzählmodalitäten trotzt. Das Artefakt ist Teil eines künstlerischen Balanceaktes von Hanakam & Schuller, das ein Abdriften in die Ortlosigkeit virtueller Welten und die Faszination der Künstler am Kristallinen, an Spiegelwelten und Lichtbrechungen, an glitzernden Materialien wie Pailletten oder der Kristallkugel aus einem ihrer Filme ästhetisch konterkariert. Der Entmaterialisierung im Lichtmedium widersetzt sich das Objekt als haptisches Medium, das durchaus auch für den Gebrauch bestimmt sein kann. So entstehen beispielsweise Tortenstücke, auf den man sitzen kann, Drops, die man rein ästhetisch genießen, aber auch benutzen kann, sowie Musterblätter mit ornamentalen Strukturen und gegenständlichen Stilisierungen, die als Tapete, Teppichboden und Fassade Anwendung finden können.
Hanakam & Schuller formulieren in ihrem Werk eine subtile zeitdiagnostische Kritik an der Akzeleration und den grenzenlosen Möglichkeitsräumen einer Wirklichkeit, die im Begriff ist, sich zu verflüchtigen. Die Alltäglichkeit der Verrichtungen erhält mit ihren unvermeidlichen Rhythmen und Ritualen als Gegenpart zur Virtualität eine neue Bedeutung. Dem Berühren der glatten Oberflächen unserer multifunktionalen Apparaturen und Displays und der unglaublichen Vernetzungsgeschwindigkeit der Applikationen steht die Taktilität der Artefakte und der haptischen, auch zum Gebrauch bestimmten Kunstwerke gegenüber. Werke, die sich im Sinne von Martin Heidegger zwischen Ding und Zeug ansiedeln und die die ästhetische Erfahrung auf die Ebene des Berührbaren zurück übersetzen.
Angela Stief
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Informationen zu den Künstlern:
Homepage: HANAKAM & SCHULLER