Hermann J. Painitz, Vögel
Innerhalb eingeschränkter zeitlicher und örtlicher Parameter stellt das Oeuvre von Hermann J. Painitz (geb. 1938), der als Goldschmied ausgebildet und in den 1960er-Jahren intensiv künstlerisch tätig wurde, eine Ausnahmeerscheinung dar. Der Versuch des Künstlers eine Bildsprache und das Bild als eine Schautafel für unabänderliche Ordnungen zu statuieren knüpft an kulturelles Gedankengut der 1920er-Jahre an, die konkrete Kunst, die Reihentechnik der Zwölftonmusik und die bildstatistischen Verfahren von Otto Neurath. Im Mittelpunkt von Painitz ästhetischen Bildkonzepten, die wie Notationen funktionieren, stehen Serien, Rhythmen, Reihen und einfache Formen wie Kugel, Quadrat und Würfel, insbesondere die charakteristischen konzentrischen Kreiskonfigurationen. Das Ringen um eine analytische Ausdrucksweise, die nicht beliebig, sondern selbstverständlich ist, setzt als Prämisse die Objektivität: „Ich habe nur ein Ziel gehabt, nämlich etwas zu machen, das ich vertreten kann und das nicht willkürlich ist“, so Painitz. Folgerichtig vermeidet er in der Ausführung seiner zahlreichen Arbeiten auf Papier und Leinwand, Collagen, Fotografien und Skulpturen gestische Spuren.
Die umfassende Collage-Serie Vögel, die Painitz in 1987 und 1988 realisierte und die vielfach ausgestellt wurde, greift auf eine frühe künstlerische Praxis zurück und ist eher untypisch, da sie von den strengen Ordnungssystemen, die der Künstler sonst verfolgt, absieht: Sie orientiert sich an optischen Gesichtspunkten, stellt eine intuitive Übernahme eines ausgewählten Sujets in freie Gestalt und einen Ausbruch aus den bis in die Unendlichkeit fortlaufenden Bildstrukturen dar.
Hermann J. Painitz, der auch Klangarbeiten machte, Gedichte und zahlreiche theoretische Texte schrieb, interessiert sich grundsätzlich für semantische Beziehungen und Übersetzungsprozesse zwischen den Disziplinen. Er entwickelte auch ein Zeichensystem aus Signalscheiben und Piktogrammen sowie eine hochartifizielle Sprache mit Zahlen, Buchstaben, verschiedenen Alphabeten, die auf Hieroglyphen und Gegenständen wie Astgabeln und Broten bestehen. Um Painitz kryptische Kunstwerke zu verstehen, müssen sie dechiffriert werden, wobei man bemerken wird, dass sie ihre eigene Methodik und Konstruiertheit reflektieren. Damit thematisieren sie die paradoxe Dialektik von den Erscheinungen hinter der Wirklichkeit und von der Wirklichkeit hinter den Erscheinungen.
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Informationen zum Künstler:
Biografie:
1938 geboren in Wien
1952–1956 Ausbildung zum Gold- und Silberschmied
1958/59 Aufenthalt in Bern
1962/63 Aufenthalt in London, wo die ersten bildnerischen Arbeiten entstehen
ab 1963 Intensivierung der künstlerischen Tätigkeit
1964 erste Einzelausstellung in der Galerie im Griechenbeisl, Wien
1965 Vertreter Österreichs bei der 4. Biennale von Paris (mit Roland Goeschl und Paul Rotterdam)
1965/66 Lehrtätigkeit an der Hochschule für angewandte Kunst
1966 Teilnahme am Internationalen Bildhauersymposium in St. Margarethen
1968 Einzelausstellung in der Galerie nächst St. Stephan, Wien
1969/70 Studium am Hornsey College of Art in London als Stipendiat des British Council
1973 Einzelpräsentation im Rahmen der 12. Biennale von São Paulo
1975 Einzelausstellung in der Wiener Secession
1977–1983 Präsident der Wiener Secession
Darüber hinaus seit Mitte der 1960er-Jahre regelmäßig Einzelpräsentationen sowie Beteiligungen an wichtigen Gruppenausstellungen im In- und Ausland.
Weitere Informationen zu Künstler:
Homepage: Zeitkunst NÖ